Cineasten, die den Blick hin und wieder interessiert in die graue Vorzeit des Kintopps werfen, ist die Screwball-Komödie „Leoparden küsst man nicht“ sicher ein Begriff. In diesem turbulenten Lustspiel hatte die seinerzeit 80-jährige May Robson als resolute Tante Elizabeth eine bemerkenswert amüsante Rolle, mit deren tadellosen Bewältigung sie neben den beiden Stars Hepburn/Grant glänzen und in der Erinnerung der Filmfreunde bleiben konnte. Im selben Jahr entstand „Vater dirigiert“, in dem sie wiederum eine ähnlich gelagerte Figur famos verkörperte.
Meine Sichtweise auf diesen Film gestaltet sich völlig anders als die des Vorrezensenten.
Die erste Fernseh-Begegnung mit dem Streifen fand für mich im zarten Alter von 9 Jahren statt. Damals bei Bekannten, denn wir besaßen noch kein TV-Gerät. Die Mischung aus Drama und romantischer Komödie mit überwiegend klassischer Musik beeindruckte mein kindliches Gemüt derart, dass mir zahllose der bemerkenswerten Schwarz-Weiß-Sequenzen und der Running Gag mit dem quietschenden Gartentor unvergesslich blieben. Nicht im Gedächtnis blieb mir hingegen der Film-Titel und so vergingen einige Dekaden, bis uns ein gut gelaunter Zufall 2006 wieder zusammenführte – durch eine Ausstrahlung im 3. SWR-TV-Programm. Seitdem zählt „Vater dirigiert“ zu meinen Top-20-Filmen mit dem persönlichen Prädikat „Kino zum Wohlfühlen“.
„Four Daughters“ wurde 1939 für 5 Oscars nominiert, ging aber leer aus. Der früh verstorbene, hochtalentierte Schauspieler John Garfield absolvierte hier seinen ersten Leinwand-Auftritt als explosiv grüblerischer, erfolgloser, überaus zynischer Komponist, dessen Überzeugung, dass sich das Schicksal generell gegen ihn verschworen hat, auf fatale Weise Erfüllung findet. Eigentlich erwartete man, dass sein gut aussehender Kollege Jeffrey Lynn den großen Durchbruch haben sollte, aber es war Garfield, der durch seine eindrucksvolle Performance zum Star avancierte und für den Academy Award ins Rennen geschickt wurde. Wie ich finde, zu Recht!
Das gesamte Ensemble agiert wohltuend sympathisch und die Fähigkeit Priscilla Lanes, ebenso gut mit Garfield wie mit dem leichtfüßigen Beau Lynn zu interagieren, trägt wesentlich zum Gelingen des Ganzen bei. Die routinierte Handwerkskunst des in Ungarn geborenen Regisseurs Michael Curtiz verhindert, dass aus dem Werk keine Seifenoper, sondern ein liebenswertes Meisterwerk seines Genres wurde, das ich wahrhaftig liebe!