Die 16-jährige Hanna (Saoirse Ronan) lebt mit ihrem Vater, den CIA-Agenten Erik Heller (Eric Bana), im finnischen Outback und erfährt eine strenge Erziehung, bei der sie auf ein Leben als kaltblütige Mörderin vorbereitet wird. Bislang wurde das Mädchen von den Gefahren der großen weiten Welt verschont, doch als sie einen Peilsender aktiviert, nimmt die korrupte Marissa Wiegler (Cate Blanchett) die Fährte auf und möchte sie töten. Hanna muss sofort die Flucht ergreifen und flieht nach Marokko, wo sie ein dunkles Geheimnis ihres Vaters erfährt: Marissa soll in Wahrheit ihren Vater töten, der die CIA betrogen hat. Eine Hetzjagd um den gesamten Globus beginnt, was für die junge Frau vor allem deshalb eine neue Situation ist, da sie bisher noch nicht viel vom Weltgeschehen außerhalb ihrer Heimat mitbekam. Dennoch ist sie wild entschlossen, den tödlichen Auftrag ihres Vaters zu erfüllen...
Joe Wright ist vielen eifrigen Cineasten wohl vor allem durch den Film "Stolz und Vorurteil" ein Begriff, der 2005 auf die Leinwände Deutschlands kam und immerhin einen Oscar gewann. Auch die Nachfolger "Abbitte" und "Der Solist" spielen zwar nicht in der allerhöchsten Bekanntheitsliga, sind jedoch trotzdem nicht unbekannt. Ich muss gestehen, bisher keinen dieser Filme gesehen zu haben, womit der vierte große Film Wrights auch mein erster ist. Er ist Teil des sogenannten Arthouse, in Deutschland wohl auch als Programmkino, was man wohl oberflächlich mit Anspruch für eine doch etwas breitere Masse umschreiben könnte.
Diese Beschreibung trifft eigentlich die Stilistik des Films auch sehr gut. Auf der einen Seite müssen sich Popcorn-Fresser bei ihrem Drang zügeln, während der Vorstellung ihr iPhone rauszukramen und belanglosen Schrott auf Facebook zu posten, sollten sie doch vielleicht etwas mehr vom Film mitbekommen wollen als voll krasse Ballerszenen. Andererseits ist allerdings auch kein Masterabschluss nötig, um die dargebotene Komplexität erfassen zu können. Mit Cate Blanchett ist zudem auch eine Schauspielerin mit dabei, die sich in Hollywood bereits einen ganz großen Namen hat machen können. Sie spielt die böse CIA-Agentin, die das Leben von Eric und Hanna zerstören möchte und selbst Einiges zu verbergen hat.
Der wahre Star ist jedoch Saoirse Ronan, denn diese stellt die scheinbar so eiskalte junge Mörderin fantastisch dar. Zu Beginn rattert sie ihren erfundenen Lebenslauf mit einer solchen Emotionslosigkeit herunter, dass sogar Marco Schreyl neidisch wäre. Auch höchst emotionale Begriffe wie "Musik" sind für sie zunächst nichts weiter als ein weiterer Eintrag im Lexikon, den Eric ihr zum Auswendiglernen in der finnischen Einöde vorgelesen hat. Mit der Zeit spürt sie jedoch den emotionalen Einfluss der Menschen und entwickelt bislang unbekannte Gefühle. Die wohl aufwühlendste Szene ist die, in der sie mit ihrer neuen Freundin im Zelt über ihre neu entdeckte Freundschaft reden und plötzlich Gefühle füreinander entwickeln. Hier weder voyeuristisch, noch unglaubwürdig herüberzukommen, ist ein Drahtseilakt, den Ronan besonders gut meistert.
Allgemein muss diese interessante Kombinatorik zwischen flotten (ja, liebe Actionfans, hier gehts ab) und sehr ruhigen (tut mir Leid, schaut halt doch lieber "Machete") Momenten lobend erwähnt werden. Vor allem für die wilderen Momente trägt auch der Soundtrack der Chemical Brothers ("Galvanize") seinen Teil zum Gelingen bei. Etwas zwiespältiger muss aber die Story gesehen werden, die an sich wirklich sehr unrealistisch und realitätsfern ist. Auch wenn Hanna mal wieder fünf ausgebildete Agenten mit reiner Muskelkraft umlegt, fühlt man sich manchmal doch etwas veräppelt. Den Anspruch, irgendeine fiktive Realität abzubilden, hat "Wer ist Hanna?" jedoch ohnehin nicht. Spätestens, wenn das junge Mädchen bei einem bekannten Märchenkünstler mit Zauberkräften vorbeischaut, dürfte dies klar werden.
Um es festzuhalten: Die Schauspieler sind super, die Musik sehr passend, die Story konstruiert, aber gut erzählt, der Film ist interessant für die allermeisten Ansprüche. Von der Höchstwertung ist das Werk aber natürlich doch noch ein knackiges Stück entfernt, da mir hierfür der Tiefgang nicht ausreicht. Nicht alles wird ausreichend erklärt, die Charakterdarstellungen sind oftmals doch etwas oberflächlich und irgendwann durchschaut man auch das Spiel, das Joe Wrights Team mit dem Zuschauer spielen möchte. Einen wirklich sehr amüsanten Rahmen bietet der Spruch "Tut mir Leid, ich hab dein Herz verfehlt". Wie ich das meine, kann ich an dieser Stelle nicht verraten, aber er bleibt auf jeden Fall haften. So wie auch diese Produktion nicht zu schnell aus dem Kopfe gehen wird. "Wer ist Hanna?" ist ein knuspriger, gut gewürzter, manchmal vielleicht aber auch etwas zu lange gebratener Leckerbissen für Kinogänger, denen weder Rohkost noch Feinschmecker-Küche mundet. So eine Art Curryking mit echter Wurst... genug der schlechten kulinarischen Metaphern...