Ein ruhiger, eindringlicher Film über Flucht, Loyalität und Selbstbestimmung. Lena Urzendowsky dominiert den Film – wie so oft – durch ihre stille Präsenz. Sie ist keine klassische Schönheit, aber sie beeindruckt durch Tiefe, Verletzlichkeit und eine stille Kraft, die trägt.
Besonders berührend ist die Szene unter der Dusche, in der Andreas seine Narbe zeigt – Folge eines Selbstmordversuchs – und sie ihm klarmacht, dass auch sie kein leichtes Leben hat. Kein Wunderkind, keine Maschine. Der Moment mit dem Trainer, der ihr Fluchttipps gibt, ohne sie zu verraten („Ich will nie wieder ein Verräter sein“), gehört zu den stärksten Szenen des Films.
Die eigentliche Flucht am Ende wirkt dagegen etwas unscharf inszeniert – hier hätte man filmisch mehr herausholen können. Insgesamt aber ein leiser, kluger Film mit starkem moralischem Kern – getragen von einer bemerkenswerten Lena Urzendowsky.
Nachtrag:
Eine Szene, die mir besonders im Kopf bleibt, ist das Gespräch zwischen Jens und Andreas, in dem sie davon erzählen, wie sie in Ostberlin standen und auf der Westseite Eurythmics und David Bowie gehört haben. Diese kurze Szene hat historische Tiefe: David Bowies Konzert 1987 in Berlin war ein reales, bewegendes Ereignis – Tausende junge Menschen im Osten hörten ihn über die Mauer hinweg. Dass der Film diesen Moment aufgreift, macht ihn für mich noch stärker. Es ist einer dieser Momente, in denen Geschichte ganz leise mitschwingt – und ich als Zuschauer Gänsehaut bekomme.
Zuletzt editiert: 05.07.2025 15:14:00