Die Grosswildhüter des Kino-Reviers Spielberg & Jackson haben seit Jahren den Anspruch, das Kino immer mal wieder zu revolutionieren. So versucht nun Spielberg, der die Rechte schon sehr lange besass, ultimativ im 2011 den weltgewandten Comichelden Tintin mittels Performance Capture-Verfahren auf die Kinoleinwand zu bringen. Kein einfaches Vorhaben, denn viele sind an der legendären Hergé-Comic-Vorlage mit der „Ligne claire“ von Georges Remi schon gescheitert. Umso risikoreicher, dass Spielberg & Jackson gleich aufs Ganze gehen, eine Triologie von Tintin ankünden und den Film natürlich auch noch in 3D abdrehen. Kann man den abstrakten Realismus der Vorlage auf die Kinoleinwand retten?
Man kann! Ich bin definitiv positiv überrascht! Schon nur der Vorspann ist eine genial gelungene Hommage und Referenz an Hergé! Klar, für den Film wurden natürlich Abstriche gemacht, dazugedichtet und mit viel Fantasie total 3 Tintin-Bücher verwurstelt („Das Geheimnis der Einhorn“ / „Der Schatz Rackhams des Roten“ / „Die Krabbe mit den goldenen Scheren“. Es hat sogar noch eine Referenz an „Schritte auf dem Mond“ drin, als sich Haddock’s Whiskey kugelt). Diese künstlerische Freiheit gönne ich aber Spielberg & Jackson nun einfach mal zu, denn das ist dem Zeitgeist und den bewegten Bildern geschuldet. Sonst braucht man gar keinen Film zu machen. Auch wenn das Filmdrehbuch völlig entgegen den Büchern Sakharine & Rackham erblich verkuppelt, die wichtigen Gebrüder Vogel-Faull komplett gestrichen werden und der Schurke Allen und Scheich Ben Salad zur Nebenrolle verkommen. Das stört vielleicht die Puristen. Aber dafür gewinnt der Film woanders. Es brauchte auch Kompromisse, um der Filmversion den nötigen Drive mit einem kessen, neuen Storyüberbau zu geben. Und es ist ein typischer Spielberg draus geworden, der an die besten Indiana Jones-Zeiten erinnert: Schatzsuche zu Lande, zu Wasser und in der Luft! Die Animationen sind ein Genuss. Sie schaffen es zwar nicht ganz, allen Hybridfiguren eine Seele einzuhauchen, aber das müssen sie auch gar nicht. Der Film ist auf jeden Fall – Fortschritt sei Dank – um Meilen besser als „Polarexpress“ und „Beowulf“ von Zemeckis. Herrliche Farben, guter Fluss, Spannung, genialer John Williams-Score, famose Action-Szenen, Humor (mit Haddocks Alkohol und Schul(t)zes Slapstick) und mit fantastischen Zusätzen (z.B. die Motorrad-Jagd und wie Bianca Castafiore die Gläser zersingt). Einzig der Kran-Kampf zwischen Haddock und Sakharine ist etwas over the top.
Für mich war der Film eine Freude, da er schlicht genial unterhält. Ob es allerdings 3D braucht, frage ich mich einmal mehr. Man hätte die 3D-Kosten besser noch die detailliertere Animation von Struppi gesteckt. Aber ich freue mich auf die Fortsetzung: Denn jetzt fehlt nur noch Professor Bienlein!