Diesen Film habe ich anlässlich einer Projektwoche gemeinsam mit meiner 8. Klasse im Kino geschaut - schon von vornherein eher dem Gedanken folgend, den Kids eher etwas "zuzumuten" als ihnen ein leicht verdauliches Popcorn-Erlebnis zu bescheren, das ebenso kurzweilig wie bedeutungsarm an ihnen vorbeirauscht. Ich bin dennoch erstaunt worden, in welcher Konsequenz Florian Zeller die Demenz der (natürlich von Hopkins herausragend verkörperten) Hauptfigur das Publikum nachempfinden lassen möchte, indem es den Großteil des Films aus Anthonys Sicht erlebt. Somit kann man sich über die kompletten gut anderthalb Stunden Laufzeit nie sicher sein, wo man sich gerade befindet: In Anthonys Wohnung, in der Wohnung seiner Tochter, im Pflegeheim - oder gar in Anthonys Geist, welcher der realen Welt zunehmend entrückt ist. Auch über Zeitstränge und Figuren hat weder der Protagonist noch der Zuschauer Kontrolle, was das Seherlebnis ungemein intensiv, aber auch sehr komplex macht.
Das hat viele meiner Kids punktuell hörbar überfordert - und dennoch sind auch sie weit überwiegend nicht in Privatgespräche, Nickerchen oder TikTok-Videos abgedriftet, da der Film bei aller erzählerischen und inszenatorischen Ambition nicht in emotionslosen Kunstkram abdriftet. Die Dialoge zwischen Anthony und seinem Umfeld (vorwiegend seiner Tochter Anne [Olivia Colman]) sind wunderschön, nahbar und lebensnah, die Szenen als Einzelfragmente sehr klar und mitreißend und das Schauspiel der beiden wichtigsten Figuren so toll, dass man bei aller Verwirrung um das "große Ganze" situativ problemlos in die Geschichte und - bei dem Thema wahrscheinlich noch viel wichtiger - in die Emotion hineinfindet. Es gibt ganz wunderbare, sehr traurige, amüsante und rührende Momente, für die man das Storygewirr gar nicht begreifen muss, um sie zu fühlen. Und es gibt keinen Kitsch, was ich als äußerst wohltuend empfinde.
Für mich ist "The Father" ein wunderschöner Film, der Demenz in all ihren Verwirrungen und Frustrationen so nachempfindbar macht, wie sie für Außenstehende überhaupt nachempfindbar sein kann. Ich kann hier keine Schwächen erkennen, weder im Schauspiel noch in der Inszenierung, in der Kameraarbeit, in den Dialogen oder in der audiovisuellen Darstellung.